Nerdhört ist sehr alt!
Die erste Folge erschien bereits im Oktober 2012 – damals waren Podcasts alles andere als populär und ein absolutes Nischenmedium. Podcatcher, RSS-Feeds und Konsorten waren für die meisten noch Fremdwörter. Ganz besonders außerhalb des Apple-Universums, denn Dank iTunes gab es hier schon recht früh eine Plattform. Und ja: wir haben Podcasts noch ohne Spotify konsumiert.
Und aus dieser Zeit stammt auch dieser Podcast. Kurz: manches mag schlecht gealtert sein oder nicht mehr dem aktuellen Zeitgeist entsprechen.
„Einfach machen“ war damals die Devise und die technischen Vorbereitungen und Maßstäbe nicht so hoch, wie sie es heute in der Podcast-Landschaft sind. Ein paar Interview-Partner*innen waren schnell gefunden und so war zu Beginn ein recht hoher Output zu verzeichnen. Viel Arbeit gab es mit der Nachbearbeitung nicht, was sich rückblickend auch wirklich in der Qualität der Aufnahmen bemerkbar macht. Mehr journalistische Vorbereitung hätte dem ein oder anderen Gespräch auch sicher noch mehr Basis verliehen.
Später kamen zu den Interviews auch noch eine kleine Reihe eines Formats namens „Be(n)langlosigkeiten“ hinzu – ein klassischer Laberpodcast zweier alter, weißer Männer. Gerne begleitet mit Bier. Da die Folgen wohl am schlechtesten gealtert ist, habe ich mich entschlossen, die komplett offline zu nehmen.
Das Offlinenehmen hat auch die ein oder andere Interview-Folge ereilt, da sich die Lebensumstände oder Ansichten der einzelnen Gesprächspartner*in im Laufe der Zeit so geändert haben, dass ein weiterer Zugriff einfach nicht mehr gewünscht war. Etwas, dass ich natürlich respektiere, was aber zu einer unvollständigen und zerpflückten Sammlung der Folgen führt. Ich bitte dies zu entschuldigen und bin offen für Kritik oder Löschvorschläge. Bis dahin existiert diese Seite weiter aus einer Chronistenpflicht heraus – als eine kleine Sammlung übrig gebliebener Interviews von Damals™. Vielleicht findet dieses Archiv ja doch noch Hörer*innen und auch da würde ich mich über Feedback freuen.
Adieu!
Nerdhört damals
Nerdhört heute
Der „Über Nerdhört“-Text aus einer längst vergangenen Zeit
Zu erzählen, dass man jetzt Podcasts macht fühlt sich komisch an. Blicke, deren Ursprung sowohl in der Verständnislosigkeit ob des Begriffes als auch in zu hoch gesetzten und im Vorfeld enttäuschten Erwartungen liegen könnten. Doch müssen da zwei ganz klare Gruppen unterschieden werden – so wie immer: die Kenner und die Neulinge. Oder sind es doch nur die Kenner?
Warum nicht einfach mal ehrlich sein? Wir müssen reden! Podcasts entwickeln sich in eine Richtung, die immer professioneller wird und den Einstieg von Stufe zu Stufe komplexer und schwieriger macht. Podcasten wird zur Wissenschaft und verliert seine Leidenschaft. Selbstverständlich lässt sich auf Grund der Passion zu den einzelnen Themengebieten und der Vielfalt eben dieser nicht von leidenschaftslosen Aufnahmen sprechen, doch lag der Fokus durchaus mal auf Low-Level-Unterhaltung von Nerds für Nerds.
Meine ersten Berührungen mit Podcasting in passiver Form machte ich im März 2008 mit Bitsundso, wonach recht schnell CRE (damals noch Chaosradio Express) folgen sollten. Insbesondere bei BUS hat mich die Schnoddrigkeit und Unprofessionalität der Beteiligten umgehauen und ich konnte mich sehr gut in den Kreis der Protagonisten einfinden, die einfach mal über meine Lieblingsthemen sprachen – Studenten mit Spaß am Fachsimpeln auf einem Level, das auch ich noch verstand.
Natürlich folgten in den folgenden Jahren noch unzählige Podcasts, aber zu 100% war ich nie wieder überzeugt. Woran könnte es liegen? Steigt mein Anspruch, steigt die Kommerzialisierung?
Wie schon angesprochen, befand ich mich bei BUS zu Beginn in einer illustren Gesprächsrunde einiger Studenten, die sich nicht zu schade waren, auch mal mit Singstar-Mikrofonen im Garten aufzunehmen. Recherche war nicht zwingend notwendig, Sponsoring passierte kaum. Apps wurden gekauft, Meinung gemacht.
Doch wann hörte das auf? Der Moment, der Podcasts für mich in einem anderen Licht präsentierte war definitiv die Einführung von Bitsundso Plus. Die Möglichkeit für den Lieblingspodcast zu bezahlen um Zusatzcontent zu erhalten – Kapitelmarken, Preshow und Postshow, Livestream. Verpackt dann auch noch in der optionalen App für das iPhone für weitere €3,99. Quo vadis, Herr Hetzel? Ein gezielter Versuch, sich von den anderen Podcasts abzuheben, die um uns herum aus dem Boden schießen oder doch nur eine Möglichkeit, einer Kostenloskultur durch Monetarisierung von Freizeitfreuden vorzubeugen?
Zweifelsohne ist das Undsoversum neben der Meta-Ebene einer der größten und einflussreichsten Podcastquellen im deutschsprachigen Raum, doch sind die Ansätze so verschieden, wie sie nur sein können.
Tim Pritlove, der Pope of Podcasting, fährt einen komplett anderen Film, eine komplett andere Audiospur. Für ihn geht es um die Erweiterung der Möglichkeiten rund um das Thema Podcasting – neue Formate, Konzepte, Wege. Nicht zuletzt auch um die finanzielle Entlohnung des Aufwandes. Allerdings auf rein optionaler Basis ohne Zusatzleistung und auch um neue Technologien und Trends wie flattr populär und verbreiteter zu machen. Podcasting als Plattform endgültig zu etablieren, die Möglichkeiten auszureizen, Techniken zu verbessern. All das gipfelt in eine Vielzahl von Projekten, Initiativen und Ideen.
Doch kann das gut gehen? Nein. Pritloves Ansatz hat in den letzten Monaten ein Problem, das immer deutlicher herauskommt: Qualitätsverlust. Pritloves Sendungen werden zunehmend schlechter, uninteressanter und insbesondere er als Moderator fahriger und merklich müder. Sowohl in der Regelmäßigkeit der Aufnahmen, als auch in der Passion für die einzelnen Formate macht es sich bemerkbar, dass man sich wohl zuviel zugemutet hat, oder das ganze in der Stagnation gefangen ist.
Ist es da ein Wunder, dass diese insbesondere bei meinem absoluten Favoriten Not safe for Work am bemerkenswertesten war? Gerade hier wurde über Monate der Kontrast zwischen dem etablierten Tim und dem damaligen Podcast-Neuling Holgi immer deutlicher. Ein Unterschied der dann glücklichweise in der Gründung von WRINT endete. Natürlich ist zu bemerken, dass Holgi auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen beim Radio und der enormen Affinität zum Quatschen Labern Unterhalten Reden einen Vorsprung hat, der einen korrekten Wettbewerb nahezu unmöglich macht. Nichtsdestotrotz ist die Entwicklung von WRINT eine Beobachtung, die von großer Neugier und Begeisterung meinerseits begleitet wurde.
WRINT ist für mich das Paradebeispiel einer neuen Generation von Podcasts, in die sich Produktionen von Nicolas Semak, Hoaxilla, den Wikigeeks und dutzenden vielen anderen eingereiht haben: Technisch hochwertig, thematisch gut erarbeitet und auf einer journalistische Ebene mehr als interessant. Der Inhalt steht im Fokus und eine gute bis herausragende Qualität ist die Basis eben dessen. Und all das ohne bezahlbaren Plus-Abo-Quatsch.
Crowd-Sourcing als Lösung, doch Crowd-Urge als Problem. Die steigende Qualität der Produktionen macht den Hörer zwangsläufig in den letzten Monaten zum Konsumenten mit teilweise überzogenem Anspruch. Ein Anspruch der erfüllt wird. Wir erwarten stabile Livestreams, Kapitelmarken, unterschiedliche Dateiformate, Shownotes par excellence. Und bekommen sie. Denn gerade hierbei vermischen sich die Grenzen zwischen Konsument und Produzent. Projekte wie die Shownotes, die sich die Erstellung von Shownotes (welch Überraschung) für eine Vielzahl von Podcasts zur Aufgabe gemacht haben, sind Gold wert und bilden mittlerweile einen großen Stützpfeiler für die Qualität und den hohen Informationsgrad dieses Sendungsformates. Ebenso wie die Chats, die sich während der Live-Streams um die Informationen für die Protagonisten vor den Mikrofonen kümmert.
Crowdsourcing ist somit zu einem essentiellen Faktor geworden, dessen zwei Seiten der Medaille natürlich auch Probleme mit sich bringen. Und das gerade für junge, neue Podcasts. Wie soll eine fixe Idee, ein einfacher Geistesblitz mit diesem Maß an Qualität mithalten? Hätte die einzige Antwort auf die Frage “Wie machte ich denn meinen eigenen Podcast” vor ein paar Jahren noch gelautet “Du hast doch ein eingebautes Mikrofon und dann leg einfach los”, so ist sie mittlerweile zu einer Checkliste mutiert, in der eine Unmenge von Punkten im Vorfeld abzuarbeiten ist. Equipment, Frage nach dem Mikrofon, das richtige Plugin, eine Titelmusik, ein Konzept, das richtige Dateiformat und vieles mehr. Natürlich helfen hier Fachleute und Podcasts wie Der Lautsprecher und die Meinung und Erfahrung etablierter Sender. Aber nichtsdestotrotz bildet sich hieraus ein Stressfaktor, der den Einstieg mehr als erschwert.
So auch für mich. Ich war heiß auf dieses Projekt seit ich mich mehr mit Podcasting auseinandergesetzt habe, doch häuften sich die unbeantworteten Fragen und die Angst, mit diesem Projekt ein weiterer schlechter Sender zu werden, der nicht gehört oder gelesen wird.
Ich hoffe, dass ich einige Punkte der Liste abgearbeitet habe und dass die Qualität in den nächsten Episoden noch steigen wird, aber ich bin ebenso froh, dass der Punkt der Sorge langsam überschritten ist und ich das Projekt so genießen kann, wie es ist: als mein Projekt.
Christian Holmok, 5. November 2012